Eine Reise durch Neuseeland ist wie eine Fahrt durch eine andere Welt: Ungewohnte Vegetation, eine überraschende Tierwelt, spektakuläre Strände und ein spannender Geschichtsmix erwarten einen in diesem ganz speziellen Land. Neuseeland punktet vor allem mit seiner Natur und Aktivitäten, die man wirklich nur dort machen kann. Daher: Egal wie alt, eine Reise nach Neuseeland ist immer ihr Geld wert! Nachfolgend kommen einige Eindrücke von meiner Reise entlang der Nordinsel Neuseelands, chronologisch und mit einigen Fotos kommentiert.
Neuseeland hat mich unschön willkommen geheißen. Im Grunde genommen war es Nacht. Das Flugzeug aus dem sonnigen Sydney ist gegen Mitternacht am Flughafen von Wellington gelandet. Wellington, das war auch mein erster Eindruck in Neuseeland. Die Hauptstadt des Landes (Neuseeland hat knapp 5 Millionen Einwohner, Wellington 200.000) liegt recht eng in einer Meeresbucht der Cookstraße. Die Stadt hat den Beinamen „Windy City“ und obwohl es Hochsommer war, begrüßte mich die Stadt gleich am ersten Tag mit kalten Sturmböen. Am ersten richtigen Tag in Wellington – und damit in Neuseeland – gab es Nieselregeln, der den britischen Einwanderern wohl sehr vertraut vorgekommen sein mag, im Vergleich zumsubtropischen Sydney aber eine echte Überraschung darstellte.
Wellington ist speziell. Es ist eine Stadt mit vielen Gesichtern. Mal erinnert ein Straßenzug an irische Städte, dann wieder gibt es Ecken wo die großen, etwas abgewohnten Wohngebäuden mit ihren breiten Straßen an Südosteuropa erinnerten. Die Stadt hat einen „verruchten“ Charme, sie ist nicht perfekt, sondern eher das Gegenteil davon. Sie wirkt wie hineingequetscht in die schmale Ebene zwischen den Bergen und der Bucht, ihre erdbebensicheren Gebäude wirken für das europäische Auge etwas gewöhnungsbedürftig. Die vielen Bars geben ihr das Flair einer wilden Seefahrerstadt. Zu diesem Image trägt wahrscheinlich auch der Wind und der häufige Regen bei – auch während meines Aufenthalts hat es häufig geregnet (übrigens das einzige Mal an dieser Reise, aber dazu mehr später).
Wellington selbst bietet als Hauptstadt vor allem viel Landeskunde: Etwa das Parlament im Norden der Stadt, wegen seiner Form auch als Beehive (Bienenstock) bezeichnet. In Wellington steht mit dem Te Papa Tongarewa, dem New Zealand National Museum, auch ein Erstklasse-Museum, das ein Eintauchen in die neuseeländische Flora und Fauna sowie der Geschichte und der Maori-Kultur bietet. Der Eintritt ist gratis, die Ausstellungen reichhaltig und eignen sich so perfekt für den Beginn eines Urlaubs. Und da wäre da noch das berühmte rote CableCar, dass hoch zu den Botanischen Gärten Wellingtons fährt. Eine Fahrt mit dem CableCar vereint die Grazer Schlossbergbahn mit den berühmten roten Bussen von London – statt Uhrturm und Big Ben gibt es dort oben aber vor allem ein Panorama über der Stadt und der anschließenden Meeresbucht. Und ja, auch Sonne gibt es in Wellington manchmal, während der Tour durch die Botanischen Gärten wurde es sogar ansatzweise warm. Kurzum: Wellington ist als Ausgangspunkt gut geeignet und sollte auch sonst auf keiner Neuseeland-Reise fehlen, wer das echte Neuseeland fühlen will, der muss sich aber ein Mietauto holen und in die Natur fahren, denn erst dort entfaltet das Land seinen Zauber.
Die Frage, ob Nord- oder Südinsel ist, glaubt man dem Internet, fast eine Glaubensfrage. Beide Inseln sind höchst unterschiedlich, so der Tenor der zahlreichen Blogbeiträge, die es so im Internet gibt. Die Nordinsel punktet mit ihrem warmen Wetter, ihrer Infrastruktur und den vielen Sandstränden. Die Südinsel sei wilder, weniger urbanisiert und vor allem kälter. Daher war es klar, dass meine erste Reise auf die Nordinsel führt – wieso auch sonst fährt man im kalten Februar den Winter in Europa davon?
Wellington mit seiner Mischung aus Fjord-Landschaft und britischem Wetter liegt ja wie beschrieben etwas eingekeilt zwischen Bergen bzw. Hügeln, die sich nach Norden hin langsam öffnen. Und so kam auch an diesem Morgen, den Beginn eines über einwöchigen Roadtrips durch Neuseeland, zunächst zaghaft, aber dann immer deutlicher die Sonne hervor. Die schroffen Berge verloren nach und nach ihre Größe, bis sich eine große und flache Landschaft vor mir ausbreitete. Ein fast wolkenloser Himmel bot einen deutlichen Kontrast zum regnerischen Wellington. Hier gibt es vor allem eins: Schafe. Die Farmwirtschaft hat in dieser weiten Ebene rund um Palmerston North die Landschaft sehr stark geprägt, doch selbst in dieser vom Mensch so stark beeinflussten Umgebung fühlt man sich stets irgendwie anders als im viele tausende Kilometer entfernten Europa. Woran das liegt? Schwer zu sagen, doch dieses Gefühl begleitet einen in Neuseeland ständig.
Immer im Blick hat man recht bald einen markanten Berg, der zunächst ganz klein im Horizont auftaucht, aber nach und nach immer deutlicher sichtbarer wird. Der freistehende, schroff abfallende Gipfel ist der Tongariro National Park, bekannt auch als der Schicksalsberg aus Der Herr der Ringe Trilogie. Der Vulkan ist Ausgangspunkt für anspruchsvolle Tageswanderungen, die aus zeitlichen Gründen bei diesem Besuch leider ausfallen musste. Doch auch von weiten ist der Anblick dieses Felskolosses eindrucksvoll. Spätestens ab hier wird die Landschaft abwechslungsreicher, die Straße kurviger. Rund um den Mount Tongariro fühlt man sich tatsächlich in die Szenerie von Der Herr der Ringe hineinversetzt: Eine karge, weite Hochebene mit sonderbar grau-schwarzen Geröll durchbrochen von Gräben ergibt tatsächlich ein eindrucksvolles Bild von Mordor.
Unweit von dort findet man den Lake Taupo, ein Kratersee, entstanden vor über 26.500 Jahren durch einen einstürzenden Vulkan. Als größer See Neuseelands ist er ein idealer Ort, um eine ausführliche Pause einzulegen oder dort und im Umland einige Aktivitäten zu unternehmen. Da gibt es etwa die Huka Falls nahe Taupo, die zwar weniger imposant als die Niagarafälle sind, aber dessen enormer Wasserdruck dennoch spektakulär zu beobachten ist.
Neuseeland muss man erleben, mit den eigenen Augen sehen, nur so kann man es begreifen und verstehen. Kann man sonst oft viel planen und vorbereiten, so trifft dies auf Neuseeland am wenigsten zu. Ich meine damit nicht unbedingt, dass man Hotels, Eintritte und die Route des Trips nicht genauso wie auch sonst überall auf der Welt im Vorfeld planen kann, sondern mehr den Umstand, dass die Namen und die Beschreibung der Aktivitäten in Reiseführern und Blogs nur einen Bruchteil dessen wiedergeben können, was Neuseeland wirklich ausmacht. Nirgends auf der Welt gilt es sich selbst ins Auto zu setzen, loszufahren und jede Sekunde der Reise zu genießen. Es gibt kaum langweilige Teilstücke, die man etwa als Beifahrer für einen Powernap nutzen sollte. Denn so würde man vielleicht etwas der Einzigartigkeit Neuseelands verschlafen – und wer will das schon?
Von seiner ganz spektakulären Seite zeigt sich Neuseeland in und rund um Rotorua. Die vulkanischen Aktivitäten haben über Jahrtausende eine ganz eigene Landschaft geformt und bis heute kann man hier den Urgewalten ganz nahe kommen: Nahe von Rotorua befinden sich in den Maori betriebenen Center von Te Puia ein aktiver Geysir und zahlreiche Schwefelquellen, die den Besucher die Fragilität der Erdkruste näherbringen. Herr der Ringe fühlt sich in und rund um Rotorua sehr lebendig an.
Herr der Ringe und Der Hobbit wurden zu großen Teilen in Neuseeland gedreht – die etwas mystische und verwunschene Landschaft ist dafür nur zu gut geeignet! Nahe Rotorua gibt es mit Hobbiton einen Ort, den es nur einmal auf dieser Welt gibt: Mitten in der unscheinbaren Graslandschaft kann man in einer geführten Tour die Drehorte besuchen und Bilbo und Co. so hier so nahe wie sonst nirgends kommen.
Nur etwa 50 Kilometer nördlich beginnt mit der Coromandel-Halbinsel ein weiteres Juwel der Nordinsel. Absolutes Highlight ist der Hot Water Beach, der seinen Namen auch gerecht wird. Wohl nirgends auf der Welt ist es möglich zunächst im kühlen Pazifik zu baden, um sich dann, direkt am Strand, in natürlich gespeisten, heißen Quellen aufzuwärmen – im Sommer ist die Wassertemperatur dann natürlich fast schon zu warm. Doch diese Naturgewalten sind es, die Neuseeland zu etwas ganz Besonderen machen. Die Coromandel-Halbinsel mit ihren zu teils noch ursprünglich erhaltenen, subtropischen Regenwäldern und den zahlreichen, naturbelassenen Stränden ist dabei nicht nur wegen dem Hot Water Beach einen Besuch wert. Auch eine Reise zu Cathedral Cove, einem gewaltigen Felsbogen, geformt durch die Macht des Meeres, ist unvergesslich. Doch wieder zeigt Neuseeland hier seine Schönheit gerade abseits von Touristenströmen. So ein Juwel ist etwa der Otama Beach ganz im Norden der Halbinsel. Wo in Europa wohl hunderte Touristen tagtäglich ihr Badetuch ausbreiten würden, herrscht im Februar, immerhin klimatisch mit dem August auf der Nordhalbkugel vergleichbar, nur Leere, kein Mensch ist auf dem endlosen Sandstrand zu finden. Und so erlebte ich hier einen atemberaubenden Sonnenuntergang ganz ohne fremde Personen. Ein unvergessliches Erlebnis, in Europa wohl schwer zu bekommen – vor allem in der touristischen Hauptsaison.
Anders als auf der Nordhalbkugel wird es Richtung Norden in Neuseeland nicht kälter, sondern stetig wärmer und das Klima subtropischer. Der Far North, wie der nördlichste Teil Neuseelands genannt wird, war die größte Überraschung auf dieser Reise schlechthin und zählt wohl zu den schönsten Gegenden, die ich auf dieser Welt bisher gesehen habe. Verlässt man einmal den Ballungsraum von Auckland, so wird es im Norden recht rasch sehr dünn besiedelt, je weiter nördlich man kommt, desto weiter wird die Landschaft und desto weniger Ortschaften prägen die Landschaft. Hier zeigt sich der Zauber Neuseelands, jeder Kilometer ist eine Entdeckung, jeder Kilometer zeigt die Einzigartigkeit des Landes noch deutlicher. Die Perlen sind hier im Reiseführer etwa meist oft in ein bis zwei Zeilen vermerkt, doch vor Ort entfalten sie ihre pure Schönheit. So etwa die Kawiti Glow Worm Caves. Diese Höhlen sind Tropfsteinhöhlen, wie sie es in Europa zuhauf gibt. Das wirklich spektakuläre wird im wahrsten Sinne des Wortes erst auf den zweiten Blick sichtbar: Nachdem man mit einer kleinen Gruppe inklusive einen erfahrenen Guide der lokalen Maori die Höhle betreten hat, bittet dieser einen nach einigen Metern die Beleuchtung auszumachen, um endlich das zu sehen, wieso man gekommen ist: Glühwürmchen. Doch am Anfang sieht man zuerst einmal: nichts außer komplette Dunkelheit. Doch der Guide ermutigt einen, sich zu konzentrieren und seinen Blick nach oben zu richten. Und siehe da, nach etwa 30 Sekunden erscheinen auf der Decke kleine, weiße Punkte, zuerst ganz wenige und dann immer mehr, bis sich über einen ein einzigartiges Bild an tausenden, kleinen, weißen Punkten bietet. Dieser Anblick ist so spektakulär, dass er mit Worten schwer zu fassen ist, man fühlt sich wie als würde man auf die Milchstraße blicken, als wäre man in einem ganz eigenen Kosmos mit eigenen Gesetzen. In diesem Moment steht die Welt draußen still, in diesem Moment fokussiert man sich für einige Minuten nur auf diese leuchtenden Glühwürmchen. Entlang der ganzen Reise durch die Höhle sind die Glühwürmchen stets präsent, sobald das Licht der Laternen ausgeht, bietet sich dem Besucher ein Panorama, vergleichbar mit dem nächtlichen Sternenhimmel – nur irgendwie anders, spezieller. Es ist ein weiterer Neuseeland-Moment, der einen sprachlos lässt – und doch dazu beiträgt, die Vielfalt dieser Welt wieder etwas stärker zu begreifen.
Weltlicher geht es im nahen Pahia zu, als Ausgangspunkt für Bootstouren zu nahen Inseln einer der Top-Touristenorte im Norden Neuseelands. Hier gibt es Restaurants, Bars, Geschäfte und einigermaßen ordentliche Strände, doch die gute Infrastruktur zieht natürlich deutlich mehr Touristen an als in anderen Regionen des Nordens. Am Weg zum nördlichsten Punkt Neuseelands führt der Weg vorbei an mehreren Buchten, wie die Matauri Bay oder die Matai Bay an der Karikari Penisula. An beiden erwarten einen endlose Sandstrände und ein flaches, ruhiges Meer, das hier auch schon deutlich wärmer als weiter südlich ist. Jeder der Buchten, von denen es noch dutzende gibt, ist auf ihre Art und Weise einzigartig und besticht durch ihre Unberührtheit: Keine Schirmreihen zieren hier die Strände, es gibt keine Duschen, keine Bar, kein Restaurant – einfach nichts. Hier stehen der Strand und das Meer im Fokus. Dafür kann man auch hier wieder fast allein endlose Strandspaziergänge unternehmen oder sich im Wasser abkühlen. Das türkisblaue, glasklare Wasser allein ist es schon wert hier irgendwo einen Stopover einzulegen.
Doch das eigentliche Highlight ist der nördlichste Teil des Nordens Neuseelands nördlich von Kaitaia. Die circa 50 Kilometer lange Halbinsel bietet rechts und links traumhafte Strände und so einige weitere Besonderheiten, die es tatsächlich nur hier zu finden gibt. Mich zog es zunächst ganz ganz in den Norden – an das Cape Reinga. Dieses Kap stellt den nördlichsten Punkt Neuseelands dar und ist für die Maori ein heiliger Ort. Und tatsächlich: Schon wenn man sich dem Cape nähert, spürt man eine ganz spezielle Stimmung, Kilometer für Kilometer spürt man, dass das Land immer enger und enger wird und gleichzeitig die Aussicht auf die beiden Meere immer weiter. Die letzten Meter im hügeligen Terrain müssen zu Fuß bewältigt werden und dann steht man plötzlich vor dem kleinen, weißen Leuchtturm, links die Tasmanische See, die zwischen Neuseeland und Australien liegt und rechts der endlose Pazifik. Hier treffen beide Meere aufeinander, ein Effekt, der sich in unterschiedlichen Blautönen und aufeinandertreffenden Wellen zeigt. Am Cape Reinga fühlt man die Naturgewalten dieser Erde, man atmet die Luft des Meeres und blickt auf die unendliche Weite des Meeres. Tausende Kilometer von Europa, von zuhause, entfernt, ist man dennoch am Ziel: Nördlicher geht’s nicht mehr, es ist der logische Schlusspunkt jedes Roadtrips durch die Nordinsel, Kilometer Null des State Highway 1, der von hier über die Nord- und Südinsel bis ans südlichste Ende Neuseelands führt. Hier ist man dem Himmel näher als sonst wo, man ist am nördlich Ende Neuseelands am anderen Ende dieser Welt, weit weg von Großstädten. Ein magischer Ort wie es ihn nur selten auf dieser Erde gibt, ein Ort voller Zauber und endloser Weite, in der man selbst nur ein kleiner Protagonist ist.
Südlich von Cape Reinga gibt es links und rechts des State Highways so einiges an Dingen, die man hier garantiert nicht erwarten würde. Rechts und links liegen traumhafte Strände, oftmals versteckt in kleinen Buchten, die an die Karibik erinnern und überraschenderweise allerdings wiederrum fast menschenleer sind – zumindest im Februar. Und da gibt es dann etwas Spezielles, mit dem man garantiert hier nicht rechnet: Man hat Vulkanlandschaften erlebt, ist in warmen Quellen direkt am Strand gelegen und hat Geysire beobachtet – doch dass Neuseeland auch eine (wenn auch kleine) wüstenartige Landschaft zu bieten hat, damit hätte wohl niemand gerechnet. Die „Giant Sand Dunes“ nur wenige Kilometer südlich von Cape Reinga wirken wie ein kurzer Abstecher in die Sahara: Feinkörniger Sand türmt sich hier, über Jahrhunderte vom Wind zusammentragen, zu riesigen Dünen auf.
Wir alle kennen Dünen als zumeist kleine Erscheinung, doch riesig ist hier Programm, man muss diese fast schon als kleine Berge bezeichnen, während man durch den feinen Sand stapfend die Spitze erklimmt. Es ist warm, ja fast schon heiß, die Sonne scheint ununterbrochen vom Himmel: Wie in der Sahara auch wettermäßig. Ganz oben angekommen bietet sich einen ein Panorama über weite Teile der nördlichsten Teile Neuseelands, auf beiden Seiten erkennt man das Meer und die schier endlosen Küsten. Der Wind weht hier oben stärker und das erklärt wohl so die Höhe der Dünen. Wieder bewirkt Neuseeland einen Wow-Moment, nur eine Stunde nach Cape Reinga, wieder fühlt man grenzenlose Freiheit. Im Reiseführer mit 2 Zeilen beschrieben, ist auch diese Dünenlandschaft eines der Highlights meiner Neuseeland-Reise, ein Ausflug in die Wüste, einmal im Leben auf eine große Düne aufsteigen: Check.
Wieder einige Kilometer südlich gibt es mit dem „Rarawa-Beach“, dessen Aussprache fast schon hebräisch wirkt und irgendwie an Rhabarber erinnert, ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für die Weite des Far North: Hier begegnet man auf mehreren Kilometern nur kaum Menschen, nur der feinkörnige Sand, der in hellblaues bis türkises Wasser übergeht, ist hier der Hauptprotagonist. Das Wasser hier ist angenehm warm und zählt zu einem der wärmsten Gewässer Neuseelands, den Tropen ist man hier nicht nur geografisch, sondern auch atmosphärisch am nächsten. Noch nicht genug von Stränden? Auf der gegenüberliegenden Seite, die der Tasmanischen See zugeneigt ist, gibt es mit dem „Ninety-Miles-Beach“ einen Strand, der angeblich 90 Meilen lang sein soll. Es sind zwar nicht ganz 90 Meilen, doch der Strand ist dennoch gerade deswegen eine Besonderheit, er ist einfach endlos. Man kann ihn auch befahren – allerdings nur in Form von geführten Touren, für Mietautos ist er Tabu. Und das gilt auch fürs Baden: Im Gegensatz zu den Stränden am Pazifik sind hier Wellen und gefährliche Strömungen der Grund eher nicht zu baden. Schön anzuschauen ist diese endlose Strandlandschaft aber dennoch.
Was noch typisch neuseeländisch ist: Schafe! Die gibt es so gut wie überall und so könnte auch die Übernachtung an diesem Abend nicht besser ausgewählt werden: In Kaikohe, schon nicht mehr so Far North, empfing ich mich mit Penny eine sehr gastfreundliche Farmerin, die auch Gästezimmer anbietet. Und hier gab es recht viel ländliche Idylle: Hinter dem Fenster meines Zimmers grasten Schafe, vor mir breitete sich der umfangreiche Gemüsegarten der Besitzerin aus – aus der mir Penny auch gleich frische Tomaten brachte, die es zum Abendessen gab. Der Geruch von frisch gemähten Gras, die untergehende Abendsonne und die frischen Tomaten ergaben dann doch etwas ganz Vertrautes: Die Gerüche und die Geschmäcker des Sommers im Februar sind zwar speziell, aber dennoch vertraut. Der laue Wind an diesem warmen Sommerabend verstärkte das Gefühl von Freiheit, während in Europa jetzt Menschen bei nur wenigen Plusgraden und Dunkelheit von Sommer nur träumen konnten. Zwischen Sonnenblumen und Schafen wirkte es nun hier deutlich weniger exotisch, ja fast schon vertraut.
Weiter Richtung Süden gibt es weitere traumhafte Landschaften mit engen, malerischen Buchten, auch wenn es kontinuierlich bewaldeter wird. Doch dieser Wald ist nicht mit jenen Wäldern vergleichbar, die wir aus Europa kennen, hier, mitten im Nirgendwo, stehen die letzten Reserven von Kauri-Wäldern, die einst fast ganz Neuseeland bedeckt haben, allerdings mit der Ankunft der Maori und der folgenden Europäern immer mehr gefällt wurden. Hier habt sich noch diese urtümliche Landschaft erhalten, meterhohe Farnbäume und die speziellen Kauri-Bäume, die es auf der Erde nur in Neuseeland gibt. Neben dem State Highway 12 ergibt sich aus dem Nichts ein großer Parkplatz, an dem geschäftiges Treiben herrscht. Es gibt Souvenirstände, Restaurants und vieles mehr, um Touristen hier mitten in der Wildnis zu versorgen.
Der Grund dafür? Wenige Meter neben der Straße befindet sich mit „Tane Mahuta“ der größte und älteste dieser Kauri-Bäume: Mehrere Meter hoch, der frei im Wald stehend schon etwas mächtiges und imposantes ausstrahlt. Angeblich wächst er seit über 2000 Jahren, für die Maori ist der Baum heilig und wird als Gott des Waldes verehrt. Und der Besuch des Baumes ist ein weiterer Neuseeland-Moment: Nachdem man seine Schuhe geputzt und desinfiziert hat – um die einzigartige Naturlandschaft der Kauri-Wälder zu erhalten – trifft man unter Tane Mahuta einen Mauri, der einen mit erhabener Stimme die spezielle Bedeutung und Geschichte dieses Baumes erzählt und dazu auf einen Maori-Instrument, einer Art Flöte, mystische Klänge erzeugt. Auch an diesem Ort fühlt man sich irgendwie verzaubert, es wirkt fast surreal, diese Landschaft mit exotischen Bäumen und diesen ungewohnten Klängen, wie als würde wirklich ein tiefer Zauber über diesem Land liegen.
Nach Geysiren, Vulkanen, Glühwurmhöhlen, heißen Quellen an Stränden, gigantischen Dünen und uralten Bäumen sollte landschaftlich einen doch nun nichts mehr umwerfen können, oder? Aber Neuseeland wäre nicht Neuseeland, wenn dem nicht so wäre! Südlich von Tane Mahuta, am Weg zurück Richtung Zivilisation, befinden sich etwas unscheinbar drei kleine Seen nahe von Kaihu, die „Kai Iwi Lakes“. Diese Seen liegen idyllisch eingebettet in einer hügeligen Landschaft mit endlosen Graslandschaften, durch die Hitze und Trockenheit dieses Sommers nun schon eher braun als grün. Ich fahre die kleine Straße entlang, die vom State Highway 12 abzweigt und komme zu den drei Seen, die von außen sehr unscheinbar wirken, wie normale Seen, die auch in Europa sein könnten. Doch spätestens wenn man das Ufer betritt und erst recht wenn man sich in die Fluten stürzt, bemerkt man etwas spannendes: Sie bestehen aus Sand. Die Kai Iwi-Seen hätte ich am liebsten sofort nach Europa importiert, denn diese vereinen die Vorteile von See und Meer in einem: Sie sind praktisch wie ein Meer – nur ohne Salzwasser. Glasklar und türkis-blau laden sie zu endlosen Schwimmrunden ein, nur wenige Leute bevölkern an diesem Februartag die Ufer der drei Seen. Hier ist es so idyllisch, dass aus dem kurzen Zwischenstopp Stunden und drei große Schwimmrunden werden – wann wird man schon nochmals die Gelegenheit haben in einem Süßwasser-Meer zu schwimmen?
Noch vor Sonnenuntergang komme ich in Auckland an, der mit knapp 1,7 Millionen Einwohnern größten Stadt Neuseelands. Meine Unterkunft befindet sich in einer Villa eines Ehepaares im Westen der Stadt, wo ich pünktlich zum Sonnenuntergang ankomme. Von der Terrasse mit Pool ergibt sich ein traumhafter Blick über die Blockhouse Bay. Ein Paradies – nicht zufällig von AirBnb zu einen der Top-Unterkünfte in Neuseeland gekürt!
Von diesem Paradies ausgehend erkundige ich in den nächsten Tagen das urbane Neuseeland, das trotz der großartigen Landschaft auch existiert. Auckland ist anders als Wellington, hier gibt es keine Berge, kaum Wind, stattdessen erstreckt sich die Stadt samt Vororten über mehrere Hügel auf einer Engstelle der Insel, die hier nur wenige Kilometer breit ist. Damit ist das Wasser das tonangebende Element in und rund um Auckland, egal ob in der Downtown oder in den Vororten. Dieses vom Meer geprägte Flair verbindet sich mit dem Urbansten, das Neuseeland zu bieten hat – in den engen Straßen von Auckland wirkt Neuseeland wie New York: Hochhaus reiht sich an Hochhaus, in schnellen Schritt schreiten die Bewohner an einem vorbei, es gibt Einkaufszentren, große Kinos und Theater, einen Hafen – und einen Fernsehturm, der traumhafte Blicke auf diese geschäftige Stadt bietet. Auckland ist cool, modern und urban – und dennoch mit breiten und weiten Straßen dem Rest Neuseelands sehr ähnlich. Wer das urbane Leben mag und wer Wasser schätzt, der wird sich hier wohlfühlen.
Die Natur ist von Auckland jedoch nur einen Katzensprung entfernt: Am östlichen Ufer gibt es breite und lange Strände, die nun hier deutlich stärker an Europa erinnern, sind sie hier doch viel besuchter als im hohen Norden. Hier, wie auch am langgezogenen Hafen von Auckland, spielt sich das Leben ab: Restaurants reihen sich einander, es gibt eine ansehnliche Promenade, wo Familien mit ihren Kindern genauso wie Jugendliche und Paare entspannt flanieren. Die Stadt lebt am und mit dem Wasser – dies wird sichtbar, und vielleicht ist es genau dies was mich an dieser Stadt so fasziniert.
Weitere Highlights: Am Mount Eden, einen ehemaligen Vulkan, kann man den ehemaligen Krater nicht nur erahnen, sondern auch begehen – und nebenbei eine traumhafte Sicht auf die Stadt genießen. Entlang der Küsten gibt es mehrere Wanderwege, die es ermöglichen das wilde Auckland zu entdecken – sehr empfehlenswert, um einen Ausgleich zum urbanen Sightseeingprogramm zu schaffen. Und nur wenige Kilometer entfernt liegt mit dem „Piha Beach“ ein weiterer traumhafter Strand, an dem man zwar wiederrum nicht baden kann, der aber wegen seinen Winden zum Surfgebiet zählt.
Anfang März endete hier, in dieser pulsierenden Metropole, meine Neuseeland-Reise, der ja noch Wochen in Australien vorausgegangen waren. Am belebten Flughafen in Auckland verließ ich an einen sonnigen und mit knapp 26 Grad sommerlich-warmen Nachmittag dieses wunderbare Land. Am Flughafen begegneten mir zahlreiche Menschen mit Masken, in diesem knapp fünf Wochen hat sich die Welt bereits ein klein wenig verändert. Ein neuartiges Virus, zunächst in China ausgebrochen, wird in den folgenden Wochen und Monaten das Leben aller auf diesen Planeten in irgendeiner Form beeinflussen. Der Rückflug nach Europa war ein Flug in die Pandemie. Das wusste ich an diesem milden Tag in Auckland noch nicht. Stattdessen gingen mir die vielen Eindrücke am längsten Flug, den ich bislang absolviert hatte (18 Stunden Direktflug von Auckland nach Doha), noch einmal durch den Kopf. Es sind unvergessliche Momente und Eindrücke, dessen Gewaltigkeit dieser Artikel nicht einmal ansatzweise gerecht wird. Denn Neuseeland lässt sich nicht beschreiben, nur erleben.
In diesen zweieinhalb Wochen habe ich über 1000 Kilometer hingelegt, habe die Nordinsel von Süden nach Norden bereist, sowohl die größten Städte des Landes als auch einige der Top-Highlights der großartigen Landschaft Neuseelands besichtigt. Neuseeland hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Diese Reise unterscheidet sich von allen anderen, nicht nur weil sie meine bisher längste war, sondern weil sie meine Vorstellung dieser Welt nachhaltig verändert hat. Ich sah Dinge, die ich nicht geglaubt hätte, auf dieser Welt zu sehen. Ich beobachtete Glühwürmchen in einer Höhle, stieg auf Dünen, badete in heißen Quellen am Meer, entdeckte Sand-Süßwasserseen und beobachtete das Zusammenspiel zweier Ozeane. Die einzigartige Natur des Landes, die Flora und Fauna, die sich so stark von Europa und der Nordhalbkugel unterscheidet, ist etwas, das man erlebt haben muss. Bei keiner Reise wurde ich so bislang so überwältigt von den Eindrücken wie auf dieser Insel, noch nie übertraf die Realität die Erwartungen so deutlich wie hier, am Ende der Welt, tausende Kilometer von Europa entfernt. Und daher: Neuseeland muss man erleben, man muss es fühlen, riechen, schmecken. Man muss das warme Wasser am Hot Water Beach auf der Haut fühlen, den sandigen Wind auf den Giant Sand Dunes im Gesicht fühlen, die Glühwürmchen in den Höhlen mit eigenen Augen sehen und die Schwefelgase in Rotorua riechen. Neuseeland lässt sich nicht in Reiseführern erlesen oder in Dokus ersehen, nein man muss hin, es erleben.
Viele Reisen ergeben erst im Nachhinein ihre Besonderheit. Und bei Neuseeland liegt das ganz sicher auch daran, dass es nicht so einfach ist dorthin zu kommen, liegen doch stundenlange Flüge zwischen Europa und Neuseeland. Es ist die Faszination etwas zu erleben, das man nicht einfach so wiederholen kann, das den Reiz dieser Reise ausmacht. Doch letztendlich ist es die Coronasituation, die diese Reise noch deutlicher zu etwas Besonderem machte – und mich wie keine andere Reise etwas lehrte: Ich hatte lange gezögert diese Reise wirklich zu unternehmen. Die hohen Kosten, die mit so einer Reise in Verbindung stehen sind das Eine, doch auch der weite Flug und die lange Dauer der Reise – für mich als eher Kurzurlauber – waren ein Grund für lange Überlegungen, ob man denn das wirklich machen sollte. Letztendlich ist diese Reise ein Beispiel dafür, dass wir manchmal Dinge einfach machen sollen – ohne ewig nachzudenken, ohne die Vor- und Nachteile ewig abzuwägen. Für mich tat sich in diesem Februar ein Fenster auf, das ich durch diese Reise mehr als nur ideal nutzen konnte, es ermöglichte mir über ein Monat Australien und Neuseeland zu bereisen, in einer Zeit, in der sich der neuseeländische Sommer von seiner besten Seite zeigt.
Diese Reise ist auch dennoch besonders, weil sie nur wenige Tage vor dem Inkrafttreten des ersten Lockdowns beendet wurde. Auch ein dreiviertel Jahr nach dieser Reise ist die Welt nach wie vor eine andere, Langstreckenflüge gibt es so gut wie gar keine, Neuseeland ist für Touristen derzeit tabu, Milliarden von Menschen dürfen und sollen derzeit nicht reisen, ihr Bewegungsradius ist auf wenige Kilometer um ihr Haus reduziert.
Der Kontrast könnte nicht größer sein: Während ich in den letzten Februartagen noch durch den Norden Neuseelands über endlose Highways gefahren bin, befand ich mich nur wenige Tage später in meiner Wohnung in Europa und durfte nur für Ausnahmesituationen das Haus verlassen. Neuseeland war geprägt von unendlicher Freiheit, der Möglichkeit und dem Gefühl überall hinfahren zu können, keine Grenzen in seinen Aktivitäten zu sehen und einer einzigartigen Natur so nahe zu sein. Im Nachhinein war es aber auch eine einmalige Gelegenheit noch einmal eben genau jenes Gefühl mitzunehmen, das für uns Menschen so wichtig ist: Freiheit. Und diese Reise durch dieses einzigartige Land hat mir noch eins gelehrt: All dieses Geld, all diese scheinbaren Verpflichtungen und all diese sonstigen Hürden sollten uns nie aufhalten zu reisen. Denn wenn 2020 eins zeigt, dann wie schnell das nicht mehr möglich sein kann. Die Erinnerungen an großartige Erlebnisse kann uns niemand mehr nehmen, sie bleiben für immer erhalten und sie prägen einen auf seinen weiteren Lebensweg. Es gibt keinen Ort auf dieser Erde, der mir dies mehr gelehrt hat als Neuseeland. Und wenn euch irgendwie die Möglichkeit ergibt nach Neuseeland zu reisen: Tut es. Ihr werdet es nicht bereuen. Die Erinnerungen an diese Reise werden eure Vorstellung dieser Erde für immer verändern.
TIPPS:
Anreise:
Neuseeland wird wegen der großen Entfernung nicht direkt von Europa angeflogen. Die Reise mit Qatar Airways ist sehr angenehm, von Wien oder München geht es in 6 Stunden nach Doha, dort gibt es mit 18 Stunden nach Auckland einen der längsten Direktflüge der Welt.
Die größten Flughäfen sind Auckland und Wellington.
Mobilität:
Neuseeland ist anders als Europa – auch was die Mobilität betrifft. Öffentlich gerät man hier bald an seine Limits. Die wunderschöne Natur lässt sich nur mit dem Auto am besten erleben – abseits von Touren in Bussen, die einen nur zu den schönsten Orten zerren. Mietautos gibt es in vielen Städten und den großen Flughäfen zu mieten, es empfiehlt sich im Voraus zu buchen.
Neuseelands Straßen sind top ausgebaut, zumeist aber in Form von Landstraßen, Autobahnen gibt es kaum. Der Verkehr ist aber meist, außer rund um Auckland und Wellington, sehr ruhig. Linksverkehr ist eine Gewöhnungssache, aber nach wenigen Stunden hat man sich perfekt daran gewöhnt.
Reisezeit/Klima:
Unbedingt im neuseeländischen Sommer reisen – also dann, wenn bei uns Winter ist. Einerseits entflieht man so dem Winter, doch man hat dadurch vor allem die Möglichkeit möglichst viel durch den langen Tag zu erleben. Die Südinsel soll kälter sein, die Nordinsel ist aber mit relativ warmem, allerdings normalerweise auch niederschlagsanfälligem Wetter geprägt – im Februar und März 2020 war es sehr warm und sehr, sehr sonnig, es hat gerade einmal geregnet. Dies führte im Norden allerdings zu einer Dürre, die aber laut den Bewohnern zunehmen.